Heute verfügbare Kollektoren, insbesondere Vakuumröhrenkollektoren, können hier mit einer ausreichenden Effizienz Wärme bereit stellen. Die größte Herausforderung im Bereich solarer Prozesswärme bestehet - nach einer intensiven Analyse aller thermischen Prozesse - in der Integration eines geeigneten Solarkonzepts in das bestehende System. Während bei der Anwendung im häuslichen Bereich zur Trinkwassererwärmung oder Raumwärmebereitstellung einige wenige, klar definierte Anlagenkonzepte zur Verfügung stehen, ist dies bei der Anwendung im industriellen Bereich weitaus variabler und komplexer.
Bei der industriellen Anwendung kann die Solarwärme entweder zur energetischen Versorgung bzw. Unterstützung einzelner oder mehrerer Prozesse genutzt werden oder eine Ebene höher im Heißwasser- oder Dampfnetz eingespeist werden. Da für jedes dieser Anwendungsgebiete verschiedene Anlagenkonzepte realisierbar sind, stellt die Systemintegration eine besondere Herausforderung dar. Sie beeinflusst maßgeblich die solar bereitzustellende Solltemperatur, den Betrieb der Solaranlage und den erzielbaren Jahresertrag.
Eine integrale Planung umfasst folgende vier Schritte:
- eine Machbarkeitsabschätzung zu Beginn, ob eine solarthermische Anlage im betrachteten Betrieb sinnvoll sein kann
- eine umfangreiche Datenerhebung und Darstellung des energetischen Ist-Zustandes, vor allem des Anfalls und der Höhe des Wärmebedarf-Lastprofils (Monitoring)
- Reduktion des Prozesswärmeverbrauchs durch Energieeffizienzmaßnahmen (Einsatz von wettbewerbsfähigen, weniger energieintensiven Technologien, Prozessoptimierung und Wärmerückgewinnung)
- eine intelligente Kombination der bestehenden Wärmeversorgung mit einer thermischen Solaranlage
Mit diesem Vorgehen kann ein ökonomisches Gesamtkonzept realisiert werden, in das die solare Bereitstellung von Prozesswärme sinnvoll eingebunden ist. Als Grundlage der integralen Planung dient die strukturierte und umfassende Datenerhebung, die alle relevanten Informationen wie z.B. den Wärmebedarf mit Temperaturniveau und zeitlichem Anfall einbezieht. Diese Informationen sind sowohl für die Umsetzung von Maßnahmen zur Energieeffizienz notwendig, als auch für die Identifikation der am besten geeigneten Art der Systemintegration einer thermischen Solaranlage.
Beispielhaft für eine Anwendung mit hohem Potenzial sei hier die Vorwärmung von Wasser für Brau- und Reinigungszwecke in der Hütt-Brauerei genannt. Bei der mittelständischen Hütt-Brauerei Bettenhäuser GmbH & Co. KG (ca. 6.000 m
3 Bier Jahresproduktion, Standort: Baunatal, Nordhessen) wurde im Mai 2010 eine thermische Solaranlage zur Vorwärmung von (Brau-) Wasser realisiert, das für Brau- und Reinigungszwecke benötigt wird. Die Solaranlage ist Teil des Energiekonzeptes, das den Energieeinsatz bei der Würze-Herstellung im Sudhaus verringern soll. Ausgangspunkt des Energiekonzeptes war die Installation einer neuen, energiesparenden Technologie zur Würzekochung. Darauf aufbauend wurde die Betriebsweise der Wärmerückgewinnung verbessert und eine Solaranlage in die Warmwasserreserve der Brauerei integriert.
Die Solaranlage besteht aus 155 m
2 Flachkollektoren und einem 10 m
3 Pufferspeicher. Je nach Füllstand des Entleerungsspeichers der Warmwasserreserve wird kaltes Brauwasser (15°C) aus den sogenannten Vorlaufbehältern über den Pufferspeicher der Solaranlage auf bis zu 90°C aufgeheizt. Da das Brauwasser eine Vorstufe des Bieres darstellt, musste ein spezieller Entlade-Wärmeübertrager verwendet werden, der für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie geeignet ist. Zusätzlich muss der Druck im Brauwasserkreis stets über dem Druck des Pufferkreises liegen, was durch eine entsprechend ausgelegte Pumpe und Sicherheitsarmaturen gewährleistet ist.
Die Investitionskosten für die Solaranlage und die Einbindung in die Warmwasserreserve betrugen ca.
95.000 €. [1] Im Rahmen des Programmes „Solarthermie2000plus“ wurden 50% der Investitionskosten durch das Bundesumweltministerium gefördert. Die geplante Amortisationszeit von ungefähr neun Jahren für die Solaranlage ließ sich durch die optimierte Wärmerückgewinnung weiter verkürzen.